Die Diagnose „Arthrose“ ist schnell gestellt, wenn Gelenke schmerzen. Eine altersbedingte Abnutzung der Gelenke scheint ja auch logisch, und wenn etwas schmerzt, muss es ruhen.
Muss es? Mehr und mehr belegen Studien den positiven Einfluss von Bewegungsprogrammen, auch bei Gelenkschmerzen. Eine Arthrose entsteht nicht durch Beanspruchung von Gelenken, sondern deren Inaktivität!
Die Erwähnung des altbekannten „Wer rastet, der rostet“ findet sich bereits in Aufzeichnungen aus dem Jahre 1837. Von der Bedeutung des Fasziengewebes und modernen Diagnosegeräten zur Trainingssteuerung gab es noch keine Spur, auch Übergewicht war noch lange kein Volksproblem. Dennoch war bereits in lange vergangenen Tagen klar: Wer sich zu wenig bewegt, wird unbeweglich.
NUTZE DEINE GELENKE WIE VON DER NATUR VORGESEHEN
Jedes Gelenk ist für eine bestimmte Bewegung gedacht und gemacht. Das Hüftgelenk kann sich zum Beispiel beugen und bringt uns dadurch in Sitzposition und kann das Bein komplett 180° wieder in Streckung bringen. Nutzen wir diesen natürlichen Bewegungsspielraum, wird das Gelenk so genutzt wie vorgesehen und hinterlässt einen entsprechenden Fingerabdruck im Gehirn und dem Fasziengewebe.
Das Gehirn speichert „vollständige Streckung“, das Fasziengewebe passt seine Struktur dem vollständigen Strecken und Beugen an und ist dadurch optimal flexibel.
Je weniger der Mensch läuft, desto mehr nimmt das Verhängnis seinen Lauf, denn wir sitzen und sitzen …
Wenn sich das Hüftgelenk häufig in Beugeposition befindet und dort verharrt, verkürzt der Hüftbeugemuskel und die Faszienstruktur passt sich entsprechend an. Der Sitzende steht auf und das Hüftgelenk streckt sich – jedoch kommt es nicht mehr zur vollständigen Streckung, der Oberkörper bleibt leicht vorgeneigt, zuerst kaum mit dem Auge wahrnehmbar. Die Belastung für den unteren Rücken steigt und muskulär bedingte Rückenbeschwerden sind vorprogrammiert.
100 % Bewegungsspielraum: Der Mensch nutzt davon 2–10 %
Um die weitreichende Konsequenz von zu wenig Bewegung und Verharren in einer Position noch weiter zu verdeutlichen, hier ein paar Zahlen:
Dem Menschen stehen mit seinem Bewegungsapparat zur Verfügung:
- gut 200 Knochen,
- über 100 Gelenke,
- mehr als 400 Skelettmuskeln.
Diese Voraussetzungen ermöglichen 100 % Nutzung. Wie viel davon wird heutzutage in den Industrienationen noch genutzt? 5–10 %!
Es gibt sogar Gelenke, wie das Schultergelenk, von dem häufig lediglich nur noch 2 % des Bewegungsspielraums genutzt werden. Wann nutzen wir das Schultergelenk überhaupt noch mit all seinen Möglichkeiten, sich nach oben und nach hinten zu bewegen?
Heute drückt der Daumen auf den Knopf einer Fernbedienung für das automatische Garagentor, anstatt es von Hand zu öffnen. Alles auf Knopfdruck, ganz bequem, wird uns als großer Vorteil moderner Errungenschaften verkauft. Ja, es bietet uns viele Vorteile UND führte zu einem Bewegungsspielraum von 2–10 %!
Heißt: 90–98 % der Möglichkeiten unseres Bewegungsapparates lassen wir brachliegen.
Jetzt könnte man sagen, ja und, Inaktivität schont die Teile vor Abnutzungserscheinungen!? Ist aber nicht so, denn der Mensch ist kein Auto und keine Maschine. Es geschieht genau das, was im Beispiel „Hüftgelenk“ dargestellt wurde. Im ständig gebeugten Bereich der Hüfte passen sich die Faszien der verkürzten Position an. Sie verfilzen und werden unflexibel. Die Bewegung fällt nun immer schwerer.
Unflexibles Fasziengewebe um das Gelenk erzeugt beim Beugen einen extra Widerstand. Dadurch werden Knochen und damit auch Knorpel enger zusammengedrückt. Jetzt beginnt die Schmerzgeschichte im Gelenk. Es ist also nicht Aktivität, die dem Gelenk schadet, sondern Inaktivität.